Bundesrat billigt virtuelle Eigentümerversammlung und Anspruch auf „Balkonkraftwerke“
Berlin, 30. September 2024 – Der Bundesrat hat letzten Freitag das „Gesetz zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten u.a.“ gebilligt und auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses verzichtet. Damit ist der Weg frei für ein Inkrafttreten dieser von vielen Wohnungseigentümern, Verwaltern und Mietern erhofften Regelungen noch in diesem Jahr.
Rechtsanwalt Oliver Letzner, LL.M., Partner bei Müller Radack Schultz und dort vor allem mit wohnungseigentumsrechtlichen Fragen befasst, begrüßt die Einführung reiner Onlineversammlungen. Das seit 2020 geltende Hybridmodell sei für die Praxis mit erheblichem Aufwand verbunden. „Man braucht für die Onlineteilnahme gegenwärtig sowohl einen Versammlungsraum als auch die digitale Infrastruktur, was maximale Kosten verursacht“, erläutert Letzner. Dass die Abhaltung virtueller Versammlungen von den Eigentümern mit mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden muss, hält er zum Schutze der Minderheit ebenso für angemessen wie die Beschränkung der Wirkungen eines solchen Beschlusses auf längstens drei Jahren ab Beschlussfassung.
Prof. Dr. Martin Häublein, of counsel bei Müller Radack Schultz und ebenfalls Experte auf dem Gebiet des WEG, sieht die Änderung grundsätzlich ebenfalls positiv, bemängelt aber die Übergangsregelung, die mit „eiliger Hand“ zum Ende des Verfahrens geschaffen wurde. Danach muss, wenn die Eigentümer vor dem 1. Januar 2028 virtuelle Versammlungen beschließen, bis einschließlich 2028 mindestens einmal im Jahr eine Präsenzversammlung stattfinden, sofern die Eigentümer hierauf nicht durch einstimmigen Beschluss verzichten. „Unnötigerweise wird die Praxis nun rätseln, was der Gesetzgeber mit ´einstimmig´ meint“, befürchtet Häublein, der selbst denkt, dass auf die an der Abstimmung teilnehmenden abzustellen sein wird und nicht auf sämtliche Eigentümer.
Rechtsanwalt Thilo Will, ebenfalls auf das Wohnungseigentumsrecht spezialisierter Partner bei Müller Radack Schultz, befürchtet Probleme für vermietende Wohnungseigentümer. Die nunmehr gesetzlich verankerte Erlaubnispflicht in Bezug auf die von vielen Mietern gewünschten „Balkonkraftwerke“ (Steckersolargeräte) setze Vermieter unter Zugzwang. Sofern Mieter die Erlaubnis einfordern, müsse der Vermieter seinerseits einen entsprechenden Beschluss in seiner Eigentümergemeinschaft herbeiführen. In der Praxis seien solche Beschlüsse oft langwierig und müssten vom vermietenden Eigentümer teils eingeklagt werden, weshalb Will einen erheblichen Aufwand für die Eigentümer befürchtet, der das Vermieten von Wohnungen noch unattraktiver mache.
Ihre Ansprechpartner bei MÜLLER RADACK SCHULTZ: